Er hat ein Faible für Süßes – im direkten wie im übertragenen Sinne. Er verkauft Dinge, die auf der Zunge zergehen und solche, die das Herz erwärmen. Martin Hesse ist Berlins Süßkramdealer.

Als er 2005 die ehemalige Zigarrenhandlung am S-Bahnhof Bundesplatz bezog und hier einen Coffee-Shop eröffnete, war es wohl vor allem die wunderschöne Ladeneinrichtung aus dem Jahr 1924, von der sich Hesse verzaubern ließ. Der Ort selbst versprach damals keine großen Umsätze.

„Der Platz war tot, niemand da! Ich hab angefangen im Winter, hab die Menschen zählen können, die über den Tag verteilt hier vorbei liefen. Hab immer auf meinem Sessel gesessen und darauf gewartet, dass jemand kommt. Ich hatte manchmal zehn Cappuccino am Tag verkauft.“

Eine Freundin riet ihm, das Geschäft schnell wieder abzustoßen. Doch Hesse blieb und erweiterte sein Angebot. Bald sprach es sich herum, dass hier nicht nur Kaffee, sondern vor allem auch einzigartige Schokolade verkauft wurde.

„Ich glaube, dass einige Friedenauer in den ersten ein-zwei Jahren hier alle ihre Geburtstags- und Weihnachtsgeschenke gekauft haben, weil sie wollten, dass ich bleibe. Die haben aus Solidarität hier eingekauft.“ Diese Unterstützung hat Hesse gerettet – und Berlin den Süßkramdealer erhalten.

Inzwischen ist der Laden, der lediglich am ersten und zweiten Weihnachtsfeiertag geschlossen bleibt, zu einem beliebten Treffpunkt im Viertel geworden. Während wenige Meter entfernt fast im Minutentakt die Ringbahn vorbeifährt, scheinen die Gäste des Süßkramdealer keine Eile zu kennen. Eine heiße Schokolade schüttet man nicht hektisch hinunter. Außerdem gibt hier die fast 90 Jahre alte Uhr hinter dem Tresen den Takt an: sie geht rückwärts.

stadt im ohr freut sich, dass der Süßkramdealer in Berlin Friedenau Start- und Zielpunkt für den Hörspaziergang wird.

 

 

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