Der Weg ist das Ziel nach Queertopia. Dieses Paradox erfährt man laufend und hörend beim neuen Audiowalk von „Stadt im Ohr“. Die Autorin Anna Wegricht hat nicht nur viele Bücher zur Themenverknüpfung „queer-feministische Utopien“ gewälzt, sondern auch bei einem Weimarer Literaturzirkel Originaltöne gesammelt, die Gender-Studies-Expertin Lena Eckhardt und die Stimmtrainerin Tina interviewt.
Diese O-Töne verbinden die wissenschaftliche Theorie mit dem Alltag, indem die Hörer*innen beispielsweise zeitweise am Literaturzirkel teilnehmen. Trotzdem muss bei dieser Fülle und Komplexität an Begriffen eine Menge verstehbar gemacht werden. Was ist überhaupt eine Utopie, was meint queer und warum in Verbindung mit feministisch, was ist eine Heterotopie? Da kann der*dem Hörer*in schon mal der Kopf explodieren, doch: Laufend geht es besser und es lohnt sich. Die Autorin und ein männlicher Sprecher begleiten die Komposition von Originaltönen und schalten sich ein, wenn etwas zu schnell geht, fassen zusammen oder raten auch mal zum Hinsetzen.
Queer sein geht nicht, queer leben schon? Auf Wikipedia werden Personen oder Handlungen, die von der Norm abweichen als „queer“ bezeichnet. Aber „queer ist nicht nur gegen die Norm, sondern auch eine Diversifizierung“, so Eckhardt. Und außerdem stehe queer für Bewegung: queer leben, denken und begehren. Das passt auch zum Audiowalk. An diesem roten Faden entlang dröseln sich hörend Komplexitäten auf – sie verbinden die Form mit dem Inhalt.
Können wir jemals ankommen in Queertopia? „Du kannst ruhig schon mal losgehen. Die Richtung ist egal. Es gibt keinen geraden Weg nach Queertopia.“ Na dann mal los! (…) Sie laden bei Stadt im Ohr das Audio über die App und wählen selbst einen „Nicht-Ort“ (= Heterotopie, aber ich will ja nicht alles verraten) in Xhain aus. Vorschläge: Görlitzer Park, das Ostkreuz, die Stadtwildnis im Gleisdreieckpark…
Text: Corinna von Bodisco im Mai 2018