Audioausstellung in Berliner Dathe-Schule

Foto: (c) Caroline Böttcher

Berliner Schüler mit Mikrofonen auf Spurensuche: Was ist der „ungewöhnlichste Job“ im Görlitzer Park?

60 Schüler haben Friedrichshain-Kreuzberg mit dem Mikrofon erkundet. Aus den Gesprächen zu selbst gewählten „Forschungsfragen“ ist eine Audioinstallation entstanden.

Klebestreifen auf dem Boden der Mehrzweckhalle im Dathe Gymnasium markieren Kieze, Straßen und Plätze. Plastische Pappinstallationen zeigen den Volkspark, die East Side Gallery und den Molecule Man auf der Spree – dazwischen finden sich Gespräche, die 60 Schüler:innen aufgenommen haben und an zwei Tagen nachzuhören waren.

Akustisch begehbarer Stadtplan

Für die Präsentation ihres Audioprojekts haben zwei 6. Klassen in der Friedrichshainer Schule unweit des Berghain-Clubs eine Miniatur des Bezirks aufgebaut. Sie ist wie ein Schachbrett geclustert – mit Nummern und Zahlen –, damit werden die Interviews verortet, die die Schüler:innen mit Menschen überall in Friedrichshain-Kreuzberg geführt haben.

Gesprochen wird über Lieblingsplätze, Essen oder Verkehr bis hin zu Kriminalität und die Zukunft des Bezirks. „Die Kinder suchen sich ihre Forschungsfragen selbst aus“, sagt Ruben Kurschat von „Stadt im Ohr“. Das Unternehmen bietet Audiotouren durch Berlin an und führt das Schulprojekt mit dem Dathe Gymnasium schon zum 10. Mal durch.

„Vor uns liegt eine große begraste Kuhle und hier werden wir hoffentlich ein paar Interviews führen.“

Juri und Vito auf der Suche nach dem „ungewöhnlichsten Job“ im Görlitzer Park

Juri und Vito wollten zum Beispiel den „ungewöhnlichsten Job“ finden und waren dafür im Görlitzer Park unterwegs. „Vor uns liegt eine große begraste Kuhle und hier werden wir hoffentlich ein paar Interviews führen“, sagen sie. Solche Sätze bringen die Hörer:innen der Audioinstallation zum Schmunzeln: Die Kinder haben einen ganz eigenen Blick auf den Bezirk.

Die Audiokünstler Ruben Kurschat und Caroline Böttcher von „Stadt im Ohr“ haben die 60 Schüler bei ihren Interviews begleitet.
Die Audiokünstler Ruben Kurschat und Caroline Böttcher von „Stadt im Ohr“ haben die 60 Schüler bei ihren Interviews begleitet.
© Corinna von Bodisco

Nach Gesprächen mit Verkäufer:innen oder einem IT-Spezialisten finden die beiden Schüler einen „Park- und Kiezläufer“. Das ist fürwahr etwas ungewöhnlich. „Wir erledigen, was wir können, bevor die Polizei kommt“, beschreibt der Interviewte seinen Job, der die Kieze befrieden soll. Juri und Vito sind zufrieden.

Dass ein Döner durch die Inflation doppelt so viel kostet wie früher, finden Nino, Essien und Finja heraus. „Ob deshalb weniger Kunden kommen?“, wollen sie wissen. Und neben der Frage, was die Menschen im Bezirk essen („indisch, vietnamesisch, italienisch“) interessiert die Schüler:innen auch, ob die Leute vegetarisch oder vegan essen.

Für die Präsentation des Audioprojekts haben die Schüler markante Plätze, Parks oder Statuen wie den „Molecule Man“ auf der Spree nachgebastelt.
Für die Präsentation des Audioprojekts haben die Schüler markante Plätze, Parks oder Statuen wie den „Molecule Man“ auf der Spree nachgebastelt.
© Corinna von Bodisco

Ein anderes Thema: „Ich war in der Gegend um den Volkspark Friedrichshain unterwegs und habe viel darüber erfahren, was die Leute zu verschiedenen Verkehrsmitteln denken“, berichtet Luise. Ihre Gruppe, insgesamt drei Schüler:innen, hat herausgefunden, dass sich die Befragten etwa mehr Spielstraßen, verkehrsberuhigte Zonen wünschen.

Gemischt fiel die Meinung gegenüber E-Rollern aus und dazu, wo sie (nicht) abgestellt werden. „Wenn ich morgens durch die Tür gehe, falle ich über Roller“, sagt ein Interviewter. Selbst sei die elfjährige Luise meist zu Fuß unterwegs, manchmal auch mit einem Roller ohne E-Antrieb. Gelernt habe sie viel über den Umgang mit Mikros.

Wie bewegen sich die Menschen im Bezirk fort? Zu Fuß, mit dem Rad, mit dem Auto oder mit dem E-Roller?
Wie bewegen sich die Menschen im Bezirk fort? Zu Fuß, mit dem Rad, mit dem Auto oder mit dem E-Roller?
© Corinna von Bodisco

Entstanden ist das Audio-Projekt innerhalb von einer Projektwoche. Zwei Tage waren die 60 Kinder im Bezirk unterwegs, zwei Tage haben sie das Material mit der Software „Audacity“ selbst geschnitten. Für die Aufnahmetage brauche es insgesamt 15 Betreuungspersonen, berichtet Ruben Kurschat. Das ist aufwendig, trotzdem macht ihm das Projekt große Freude und es sei ihm wichtig, dass „die Kinder die Gegend akustisch kennenlernen“.

Unterstützung hatte Kurschat von der Fotografin und Hörkünstlerin Caroline Böttcher, die gerade den Audiowalk „A 0. Ein ortsbezogenes Hörspiel an der Autobahn“ veröffentlicht hat. Die Premiere des Hörstücks von Böttcher und Julia Ohlendorf ist am 1. Juli um 16 Uhr an der Baustelle der A 100. Treffpunkt ist die Hatun-Sürücü-Brücke nahe dem S-Bahnhof Sonnenallee.

Frankfurter Tor in der Ausstellung in der Dathe-SchuleMöbelverkäuferin und Parkläufer packen aus - im begehbaren akustischen Stadtplan am 19./20.6.23
Littletravelsociety: Großartige Audioguides